Ergebnisse aus der Seminarreihe zur Besseren Rechtsetzung 2023

Impulse aus den Vorträgen der Seminarreihe

Gesetze und Vorschriften regeln nahezu jeden Lebensbereiche, sei es im Privat- oder Berufsleben, im Wirtschaftsgeschehen von Unternehmen oder im allgemeinen demokratischen Miteinander. Studien zeigen immer wieder, dass viele dieser Regeln für die Normadressaten unverständlich, kompliziert und nur schwer anwendbar sind. Manche von ihnen verfehlen sogar ihren eigentlichen Zweck, und einige sind überflüssig.

Das umfassende Konzept der Besseren Rechtsetzung soll hier Verbesserungen erzielen. Rechtsvorschriften sollten möglichst transparent und effizient gestaltet sein. Das übergeordnete Ziel besteht darin, den Erfüllungsaufwand zu minimieren und die Verständlichkeit und Anwendbarkeit zu verbessern. Elemente der Besserer Rechtsetzung umfassen auch die Nachhaltigkeit von Regelungen und die Unterstützung des digitalen Wandels.

Die Brownbag-Reihe 2023 des interdisziplinären Forschungsnetzwerks Bessere Rechtsetzung und Bürokratieabbau widmete sich diesem breiten Themenfeld mit insgesamt 11 Vorträgen. Die Vorträge fanden im digitalen Modus immer mittwochs im circa zweiwöchentlichen Rhythmus statt und ermöglichten somit eine deutschlandweite Teilnahme. Ein Großteil der Teilnehmenden stammte aus Baden-Württemberg, gefolgt von Berlin und Nordrhein-Westfalen. Auch Teilnehmende aus dem deutschsprachigen Ausland schalteten sich zu. Mehr als die Hälfte der Teilnehmenden kam aus der Verwaltung, etwa ein Viertel aus der Wissenschaft, während der Rest auf Politik und Beratung entfiel.

Im Folgenden wird eine Zusammenfassungen der Vorträge gegeben, gefolgt von abgeleiteten Schlussfolgerungen für die Bessere Rechtsetzung. Der erste Vortrag von Prof. Felix Uhlmann stellt eine allgemeine Einführung in die Thematik dar, die weiteren Vorträge greifen jeweils einzelne Aspekte auf. Diese lassen sich grob in die Bereiche Vollzug und Vermeidung von Bürokratie, Messung und Evidenzbasierung, Digitalisierung für Bessere Rechtsetzung sowie KI und Bessere Rechtsetzung einteilen. Teilweise gibt es auch Querverweise zu anderen Aspekten.

Einführung in die bessere Rechtsetzung

Bessere Rechtsetzung – was ist eigentlich gute Rechtsetzung?

Prof. Dr. Felix Uhlmann, Lehrstuhl für Staats- und Verwaltungsrecht sowie Rechtsetzungslehre Universität Zürich, 1. März 2023

Zu Beginn der Reihe berichtete Prof. Dr. Felix Uhlmann, Universität Zürich über das Thema Bessere Rechtsetzung. Das Konzept umfasst eine Bandbreite an Aspekten, die jeweils kurz vorgestellt und in einen Vergleich zwischen deutscher und schweizerischer Rechtsetzung eingebettet wurden.

  • Legistische Qualität durch Bessere Rechtsetzung: Gesetze sollen sprachlich und juristisch gut gemacht sein und verständlich sein.
  • Wirkamkeit von Gesetzen: Verschiedene Instrumente evaluieren, ob die Gesetze ihre angestrebten Ziele erreichen konnten.
  • Kostengünstigkeit und Verträglichkeit für KMU: Wie viel neue Bürokratiepflichten entstehen durch die Gesetze? Zahlen dazu werden in Bürokratiemonitoren festgehalten.
  • Rechtsmäßigkeit von Gesetzen: Steht das Gesetz im Einklang mit der Verfassung?
  • Demokratiefragen: Repräsentieren die verabschiedeten Gesetze die demokratische Mehrheit im Land?
  • Diskurse und Prozesse. Gute Gesetze sind das Ergebnis politischer, ausgewogener Aushandelungsprozesse.
  • Sachgerechtigkeit und Fairness. Ist das verabschiedete Gesetz fair und regelt den entsprechenden Sachverhalt gerecht?
  • angemessener Umfang: Welchen Umfang an der Regulierungsdichte braucht es wirklich? In der Schweiz lassen sich z.B. deutliche regionale Unterschiede in der Regulierungsdichte erkennen.

Messung und Evidenzbasierung

Bessere Rechtsetzung braucht Datengrundlagen – Beitrag des Statistischen Bundesamtes

Dr. Iris Meyer & Susanne Hillen Dienstleistungszentrum der Bundesregierung für Bessere Rechtsetzung, Statistisches Bundesamt, 24. Mai 2023

Susanne Hillen, Statistisches Bundesamt, widmet sich in ihrem Vortrag der Evidenzbasierung von Besserer Rechtsetzung. Nur durch das Vorhandensein von entsprechenden Daten können Aussagen darüber getroffen werden, wie gut Gesetze tatsächlich ihr Ziel erreichen werden (ex ante-Schätzungen) und erreicht haben (ex post-Betrachtungen) und wie „verträglich“ diese für die Adressaten sind, d.h. bürokratisch belastend. Dazu gibt es verschiedene Instrumente, z.B. das Standardkostenmodell, welches den Erfüllungsaufwand anhand des Zeitaufwands und der angenommen Sachkosten für eine Regelung berechnet. Diese Daten werden in einer Datenbank veröffentlicht (ondea.de) und darüber hinaus je nach Kontext unterschiedlich aufbereitet, beispielsweise im Bürokratiekostenindex. In manchen Gesetzen zeigt sich bei einer Evaluierung, dass der zunächst angenommene Erfüllungsaufwand doch deutlich höher ausfällt, wie beispielsweise bei der Belegausgabenpflicht. Anhand dieser Daten, die das Statistische Bundesamt erhebt, können Gesetze verbessert werden. Zugleich wird eine wichtige Grundlage für die öffentliche und politische Meinungsbildung geschaffen.

Implikationen für eine Bessere Rechtsetzung

Für gute Gesetze wird eine entsprechende Datengrundlage benötigt, mit der sich Aussagen über Wirksamkeit und die Belastungen dieser treffen lassen.

 

Vollzugs(un)taugliche Gesetze - Herausforderungen und Handlungsoptionen am Beispiel der behördlichen Preiskontrolle auf dem landwirtschaftlichen Bodenmarkt

Prof. Antje Tölle, Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin & Andreas Tietz, Thünen-Institut für Lebensverhältnisse in ländlichen Räumen, 7. Juni 2023

Die beiden Vortragenden, Prof. Antje Tölle, Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin, sowie Andreas Tietz, Thünen-Institut für Lebensverhältnisse in ländlichen Räumen, berichten aus ihrer Forschung über den Vollzug einer Regelung zur Preiskontrolle auf dem landwirtschaftlichen Bodenmarkt in Bayern. Gemäß § 9 Absatz 1 Nr. 3 GrdstVG gilt zu vermeiden, dass „der Gegenwert in einem groben Mißverhältnis zum Wert des Grundstücks steht“. Hintergrund ist ein starker Preisanstieg bei Nutzflächen.

Das Gesetz zur behördlichen Preiskontrolle scheint jedoch keine Auswirkungen zu haben, weswegen die Vortragenden mit einer Untersuchung der Gründe durch die Bayerische Staatsregierung beauftragt wurden. Wie die Forschungsergebnisse zeigen, liegen die Gründe vor allem in Unsicherheiten und fehlenden Vergleichswerten bei der Anwendung der Preiskontrollmechanismen.

Somit zeigt das Gesetz in der aktuellen Form keine Wirkung zur Preiskontrolle. Die Vortragenden geben Handlungsempfehlungen für die Verbesserung des Gesetzes. Die Prüfung veränderter Vergleichsmaßstäbe sollte im Gesetz festgehalten werden (z.B. Bodenrichtwerte oder Ertragswerte), der Wissenstransfer verbessert und der Verwaltungsablauf optimiert werden.

Implikationen für eine Bessere Rechtsetzung

Zeigt sich anhand Evaluierungsergebnisse, dass Gesetze ihre angestrebten Ziele verfehlen oder nur teils erreichen, besteht von Seiten der Politik Handlungsbedarf.

 

Besserer Vollzug und Vermeidung von Bürokratie

"Once-Only": Die Daten sollen laufen, nicht die Bürgerinnen und Bürger

Kathleen Jennrich, Bundesministerium der Finanzen, 3. Mai 2023

In ihrem Vortrag stellt Kathleen Jennrich, Bundesministerium der Finanzen, dar, wie sich eine gelungene Digitalisierung auf eine Bessere Rechtsetzung und insbesondere einen besseren Verwaltungsvollzug auswirken kann. Das Once-Only-Prinzip ermöglicht Unternehmen sowie Bürgerinnen und Bürgern eine effiziente Kommunikation mit Behörden. Gibt der Antragsteller sein Einverständnis, sollen staatliche Stellen künftig vorliegende Nachweise und Daten bei anderen Behörden zur Erbringung Ihrer Verwaltungsleistungen selbstständig abrufen können. Dazu müssen aber Rechtsbegriffe wie „Einkommen“ oder „Kind“ vereinheitlicht werden und rechtliche Grundlagen geschaffen werden. Der Datenaustausch zwischen verschiedenen Institutionen muss ermöglicht werden und die entsprechende technische Umsetzung geschaffen werden. Dieses Vorgehen im Zuge des Gesetzgebungsprozesses wurde im Rahmen der Kindergrundsicherung und am Beispiel der kommunalen Kita-Beitragsbemessung bereits erprobt.

Das große Potenzial einer erfolgreichen Umsetzung des Once-Only Prinzips besteht in der Entlastung der Bürger:innen und Unternehmen und der Verwaltung durch das Zeit- und Aufwandersparnis für diese – ganz im Sinne der Besseren Rechtsetzung.

Implikationen für eine Bessere Rechtsetzung

Eine bessere Rechtsetzung hat immer auch den Vollzug von Gesetzen im Blick. Werden die entsprechenden Rahmenbedingungen geschaffen, können Bürger:innen und Unternehmen durch Prinzipien wie Once-Only entlastet werden.

 

EU-Vergleich von Bürokratiekosten am Beispiel der A1-Bescheinigung

Dr. Gisela Meister-Scheufelen, ehemals Normenkontrollrat Baden-Württemberg, 10. Mai 2023

In ihrem Vortrag beleuchtet Dr.Gisela Meister-Scheufelen, ehemals Normenkontrollrat Baden-Württemberg und Projektleiterin wissenschaftlicher Studien, die Verträglichkeit von Gesetzen, hier insbesondere in der Umsetzung von EU-Recht am Beispiel der A1- Bescheinigung. Die A1-Bescheinigung ist ein Formular, welches für die Entsendung von Arbeitnehmer*innen für eine kurze Zeit beantragt werden muss, in Deutschland wurden 2019 allein 1,8 Millionen Bescheinigungen ausgestellt.

Im Ländervergleich zwischen Frankreich, Österreich, Deutschland und Italien zeigt sich, dass in der Umsetzung von diesem Gesetz, d.h. der Antragstellung, verschiedene Bearbeitungsdauern anfallen – die gleiche Regelung ist also in verschiedenen Ländern unterschiedlich bürokratiebelastend. Dies liegt zum Teil an zusätzlich erhobenen, von der EU-Verordnung nicht vorgeschriebenen Angaben, aber auch dem Digitalisierungsstand (z.B. vorausgefüllte Formulare, vs. Daten immer wieder neu eingeben) und der Art der Erhalt der Bestätigung – automatisch per Mail, manuell durch eine:n Sachbearbeiter:in per Mail oder erst nach einigen Tagen per Post. Um eine gewünschte Bessere Rechtsetzung mitsamt einer angemessenen Kostengünstigkeit zu erhalten, bieten sich verschiedene Handlungsempfehlungen an, darunter Verschlankung des System, Verzicht auf die Bescheinigung bei sehr kurzen Reisen und die Umstellung auf ein rein digitales, automatisiertes System.

Implikationen für eine Bessere Rechtsetzung

Inbesondere bei der Umsetzung von EU-Recht sollte auf eine Verschlankung der Regelungen anstelle der Aufnahme zusätzlicher Regelungen (sog. Gold-Plating) geachtet werden. Andere EU-Mitgliedsstaaten können zudem als Vorbilder für die Umsetzung herangezogen werden.

 

Einführung einer Easy Tax – Potenziale und Herausforderungen einer proaktiven Einkommensteuerveranlagung

Prof. Dr. Christoph Schmidt Hochschule für öffentliche Verwaltung und Finanzen Ludwigsburg, 29. März 2023

Wie Prof. Christoph Schmidt, Hochschule für öffentliche Verwaltung und Finanzen Ludwigsburg, darlegt, sollen die Besteuerungsverfahren digitalisiert und vereinfacht werden. Die aktuelle Bundesregierung hat im Koalitionsvertrag vereinbart, dass durch digitale Verfahren die Erfüllung der steuerlichen Pflichten für die Bürgerinnen und Bürger erleichtert werden sollen, beispielsweise durch vorausgefüllte Steuererklärungen (Easy Tax). Im Rahmen einer solchen proaktiven Steuererklärung liegen die entsprechenden Daten wie Lohndaten, Vorsorgeaufwendungen, Rentenbezugsmitteilungen, Lohnersatzleistungen und mehr bereits vor und müssen nicht mehr aufwändig herausgesucht werden. Im Sinne des Once-Only-Prinzip werden Bürger und Bürgerinnen entlastet.

Ein solcher Vollzug benötigt jedoch eine umfassende Automatisierung von staatlichen E-Government Prozessen. Das aktuelle politische Interesse an dem digitalisierten Vollzug der Einkommenssteuererklärung deutet jedoch daraufhin, dass es zukünftig zu einer Vereinfachung des Verfahrens und im Idealfall zu einer proaktiven Steuererklärung kommen wird.

Implikationen für eine Bessere Rechtsetzung

Ein digitalisierter Vollzug im Kontext des Besteuerungsverfahrens aber auch anderer Gesetze kann die Verwaltung und die Bürger:innen entlasten.

 

Digitalisierung in der Besseren Rechtsetzung/ Digitaltaugliches Recht

Digitalcheck im Gesetzgebungsverfahren

Michael Koddebusch, Institut für Wirtschaftsinformatik & Dr. Lennart Laude, Lorenz-von-Stein-Institut für Verwaltungswissenschaften, 21. Juni 2023

Michael Koddebusch, Institut für Wirtschaftsinformatik, und Dr. Lennart Laude, Lorenz-von-Stein-Institut für Verwaltungswissenschaften stellen ihre Studie „Digitalcheck im Gesetzgebungsverfahren“ von 2022 vor. Zentrales Ergebnis dieser Studie ist, dass die digitale Vollziehbarkeit von Gesetzen während ihrer Vorbereitung eine untergeordnete Rolle spielt, d.h. die Digitaltauglichkeit von Gesetzen ist bei der Gesetzgebung erst einmal zweitrangig. Strukturelle Kontexte verhindern die hinreichende Berücksichtigung externer Expertise, intern sind jedoch nicht immer entsprechende IT-Kenntnisse vorhanden. Politische Prestigeprojekte sorgen für Zeitknappheit. Und technisch gibt es nicht die eine Lösung für die Umsetzung. Als Handlungsempfehlungen schlugen die Autoren 2022 einen Digitalcheck sowie den stärkeren Einbezug des Nationalen Normenkontrollrates (NKR) vor.

Seit 2023 gibt es einen Digitalcheck, der vom NKR durchgeführt wird. In einer Art Checkliste werden verschiedene Aspekte des Gesetzes auf seine Digitaltauglichkeit abgefragt. Dies ist laut den Vortragenden ein erster Schritt in die richtige Richtung, kann und sollte aber noch um Rechtsverbindlichkeit, Teilnahme aller Ministerien und Prozessmodellierung ergänzt werden. Letztendlich braucht ein gutes Gesetz auch mehr Zeit in seiner Vorbereitung.

Implikationen für eine Bessere Rechtsetzung

Bei der Vorbereitung von Gesetzen sollte immer auch deren Digitaltauglichkeit mitgedacht werden. Der digitale Vollzug der Gesetze wird somit von Anfang an erleichtert.

 

Low Code als Law Code – Modellierung in der Rechtsetzung

Simon Sebastian Hunt & Jens Tiemann, Kompetenzzentrum Öffentliche IT des Fraunhofer FOKUS, 5. April 2023

Wenn Gesetze digitaltauglich sind, können sie digital vollzogen werden. Dies spart dem Adressaten viel Zeit und Aufwand, da Behördengänge wegfallen und Daten bereits online verfügbar sind.

Der digitale Wandel verlangt nach einer Ende-zu-Ende-Betrachtung der Rechtsetzung. Für das vollzugsrelevante Recht erfordert das eine möglichst durchgängige Berücksichtigung der gesamten Kette von der Idee einer neuen Norm bis zum konkreten Verwaltungsverfahren. Auf diese Weise lässt sich zur Verständlichkeit und Anwendbarkeit von Recht sowie zur Minimierung des Erfüllungs- und Umsetzungsaufwands im Digitalen beitragen.

Wie Sebastian Hunt und Jens Tiemann, beide vom Kompetenzzentrum Öffentliche IT des Fraunhofer FOKUS, darstellen, benötigt ein solches digitaltaugliches Recht aber noch grundlegende Übersetzungsarbeiten. Gesetzliche Normen (=LAW) müssen in Codes übersetzt werden. Dies erfordert bisher ein hoch spezialisiertes Wissen an sowohl juristischen Fragen als auch IT-Kenntnissen.

Mithilfe von Low Codes, d.h. Modellierungen von Entscheidungsabläufen, kann dieser Prozess der Digitalisierung von Recht unter dem Stichwort Law Code vereinfacht werden. Dazu gibt es bereits einige Softwaretools.

Implikationen für eine Bessere Rechtsetzung

Die Digitaltauglichkeit von Gesetzen sollte während der Vorbereitung immer mitgedacht werden. Dazu bietet sich Law Code als zugängliche Programmierungssprache an. Idealerweise entstehen so Gesetze, die kostengünstiger vollzogen werden können.

 

Digitalisierung der Steuergesetzgebung – Vorstellung Forschungsprojekt

Chiara Endres, Zentrum für Digitalisierung des Steuerrechts der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMUDigiTax), 28. Juni 2023

Chiara Endres, Zentrum für Digitalisierung des Steuerrechts der Ludwig-Maximilian-Universität München, beleuchtet in ihrem Vortrag die Digitaltauglichkeit von Gesetzen. Diese sollten nicht nur menschverständlich, sondern auch für Maschinen interpretierbar sein. Die Kriterien hierfür sind einfache Regeln, medienbruchfreie Strukturen, prozessorientierte Ausrichtung, die Möglichkeit zum Datenaustausch, harmonisierte Begriffe und die Fähigkeit zur automatischen Fallbearbeitung. Digitaltaugliche Gesetze legen den Grundstein für einen einheitlichen digitalen Vollzug.

Ein zentrales Anliegen ist die direkte Digitaltauglichkeit bei der Gesetzgebung, um zeitaufwendige Übersetzungsprozesse in Codes zu umgehen. Im Kontext der Steuergesetzgebung werden dazu Standards für die technische Umsetzung der Digitalisierung benötigt. Frau Endres präsentiert in ihrem Vortrag Erkenntnisse aus einem Forschungsprojekt, in dem verschiedene Softwareanbieter gebeten wurden, zwei Regelungen des Einkommenssteuergesetzes in Code zu übertragen. Dieser soll die Fallverarbeitung ermöglichen.

Die Teilnehmer des Projektes wurden gebeten, ihre Methode zu erläutern, eventuelle Schwierigkeiten bei der Übertragbarkeit zu benennen und Verbesserungsvorschläge für den natürlichsprachlichen Text zu unterbreiten. Die Ergebnisse zeigen, dass insbesondere Schachtelsätze und inhaltliche Unklarheiten oder Ermessensspielräume schwer im Code umzusetzen sind. Eine erfolgreiche Strategie zeigt sich hingegen in der Visualisierung der Regelungen als Entscheidungslogiken.

Implikationen für eine Bessere Rechtsetzung

Um Gesetze von Beginn an digital übersetzbar zu gestalten, bedarf es der Etablierung von Standards. Dadurch wird vermieden, dass Gesetze erst in einem nachfolgenden Schritt für die Digitaltauglichkeit aufbereitet werden müssen.

Bessere Rechtsetzung und KI

Einsatz von KI in der Gesetzgebung - Sammlung und Auswahl realistischer Aktivitätsfelder

Prof. Jörn von Lucke, Zeppelin Universität Friedrichshafen, 19. April 2023

Prof. Jörn von Lucke, Zeppelin Universität Friedrichshafen, geht in seinem Vortrag auf den Einsatz von künstlicher Intelligenz (KI) in Parlamente ein. Diese kann zur Vereinfachung bestimmter Schritte der Gesetzgebung genutzt werden. Beispiele für KI-basierte Werkzeuge, die bereits in unterschiedlichen Ländern zum Einsatz kommen, sind die Klassifizierung von Gesetzen, Chatbots, automatische Berichtserstattung oder dienen dem Vergleich von Gesetzesentwürfen.

In seinem Forschungsprojekt untersucht er die weiteren Einsatzmöglichkeiten von KI in Gesetzgebungsprozessen und angrenzenden Bereichen im griechischen Parlament. Besonders relevante Einsatzmöglichkeiten der insgesamt 36 Möglichkeiten sind 1) die intelligente Prüfung eines Gesetzesentwurf auf mögliche Wechselwirkungen mit anderen Regelungen, 2) Transformation der Gesetzestexte in maschinenlesbaren Code und 3) Smart Law, eine Sammlung aller codierten Gesetze mit der Möglichkeit der KI-Interpretation der Gesetzgebung. Entsprechende KI sollte in diesem Bereich entwickelt werden. Jedoch benötigt es einen verantwortungsvollen Umgang mit der KI, insbesondere im Bereich der Gesetzgebung.

Implikationen für eine Bessere Rechtsetzung

KI-basierte Werkzeuge können den Gesetzgebungsprozess unterstützen und sollten weitergehend und auf verantwortungsvolle Weise implementiert werden.

 

Wundertüte KI-Verordnung – Auswirkungen und Aspekte praktischer Umsetzung durch die öffentliche Verwaltung

Tabea Hein IU Internationale Hochschule, 19. Juli 2023

Tabea Hein, internationale Hochschule, stellt in ihrem Vortrag zunächst den bisherigen Einsatz von KI-Werkzeugen dar, z.B. in Form von Chatbots oder Text-Bild-Generatoren. In der öffentlichen Verwaltung wird KI bisher noch kaum eingesetzt.

Bisher gibt es noch keine umfassenden Gesetze zum Einsatz von KI. Die EU plant aber bereits eine Regelung dazu, den EU AI Act. Dieser soll die Standards setzen, welche KI-Systeme zum Einsatz kommen dürfen und welche nicht. Biometrische Erkennung im öffentlichen Raum und KI-gestützte Emotionserkennung soll zum Beispiel verboten werden.

Um diese KI-Verordnung in Deutschland umzusetzen, wird eine nationale Prüfbehörde benötigt. Derzeit ist noch unklar, wie diese aussehen kann, wo sie angesiedelt ist und über welche Zuständigkeiten sie verfügt. Festzuhalten bleibt: Der deutsche Staat muss den Einsatz von KI kontrollieren, ist aber gleichzeitig auch Nutznießerin, da die Einsatzmöglichkeiten von KI im Kontext der Besseren Rechtsetzung vielfältig sind und gewinnbringend sein können.

Implikationen für eine Bessere Rechtsetzung

KI kann für eine Bessere Rechtsetzung gewinnbringend eingesetzt werden, muss aber staatlich reguliert und überwacht werden.

 

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